August 2023_Bald ist es soweit: Tagung «1001 Baustelle – Junge Menschen in Übergängen begleiten»

Am 10. November 2023 führt Qualifutura in Bern die Tagung «1001 Baustelle – Junge Menschen in Übergängen begleiten» durch. Die Begleitung von jungen Menschen mit Mehrfachbelastungen gestaltet sich nicht nur für Qualifutura aus verschiedenen Gründen immer wieder herausfordernd. Erfahrungen dazu aus dem Praxisalltag wollen wir im Rahmen dieser Tagung miteinander teilen und mit wissenschaftlich fundiertem Wissen untermauern. Wir wollen der Frage nachgehen, wie den Bedürfnissen und Anliegen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Mehrfachbelastungen in der Sozialen Arbeit begegnet werden kann und gemeinsam Perspektiven, Trends und Lösungen zu diskutieren.

Die Qualifutura-Tagung findet am 10. November 2023 von 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr statt.
– Ort: Le Cap, Französische Kirche, Predigergasse 3, 3011 Bern
– Publikum: Fachpersonen der Sozialen Arbeit, Psychiatrie und Berufsbildung
– Kontaktperson: Anna Bouwmeester
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Kosten
100 CHF Frühbuchungstarif (gilt für Buchungen bis am 30.09.2023)
120 CHF Normaltarif
70 CHF Onlinetarif, 3 Referate morgens
Anmeldeschluss: 31. Oktober 2023


Folgendes Programm erwartet Sie

Vormittag

  • ab 08:30 Uhr: Ankommen
  • 09:00 Uhr: Begrüssung
  • 09:15 Uhr: Referat 1: „Was tun, wenn das System ‚Mehrfachproblematiken‘ hat?“, Dorothee Schaffner, FHNW Soziale Arbeit
  • 10:00 Uhr: Referat 2: „Agile Organisationsstrukturen und die Begleitung von jungen Menschen mit Mehrfachbelastungen“, Melanie Germann, FHNW Soziale Arbeit
  • 10:45 Uhr: Kaffeepause
  • 11:15 Uhr: Referat 3: „In-Beziehung-Treten: Professionelle Beziehungsgestaltung durch den Aufbau von professioneller Nähe?!“, Rebecca Mörgen, HSLU Soziale Arbeit
  • 12:00 – 13:20 Uhr: Mittagessen, Vernetzung/Austausch

Nachmittag
Workshops, zwei Durchgänge (ab 13:20 bzw. 14:40 Uhr), folgende Auswahl:

  • Workshop 1: Wie können mehr bedarfsorientierte Angebote geschaffen werden?
  • Workshop 2: Soziale Arbeit ist Beziehungsarbeit.
  • Workshop 3: Als Betrieb mit jungen Erwachsenen agil unterwegs sein
  • Workshop 4: Flexibilität als Erfolgsfaktor in der klientenorientierten Arbeit
  • Workshop 5: Beziehungsgestaltung – Betroffene als Expert:innen
  • Ca. 15:50 Uhr: Abschluss

Wir setzen folgende Thesen für die Tagung

Makroebene
Soziale Integration für Jugendliche und junge Erwachsene erfordert Arbeit an den strukturellen Bedingungen und nicht lediglich die individuelle Bearbeitung der Lebenslagen, um ihren Anliegen gerecht zu werden.

Mesoebene
Agile Organisation(sstruktur)en sind Voraussetzung für eine bedarfsentsprechende Begleitung von jungen Menschen mit Mehrfachbelastungen.

Mikroebene
Direkte, nahe Beziehungsarbeit ist grundlegend, um der Komplexität der Situationen und Geschichten zu begegnen, in allen nötigen Lebensbereichen präsent zu sein, Brücken zu bauen und so soziale Integration für junge Menschen gelingend zu gestalten.


Referate

Referat 1: Was tun, wenn das System „Mehrfachproblematiken“ hat?
Die Studie „Jugendliche und junge Erwachsene mit Mehrfachproblematiken entlang der Nahtstellen I und II“ zeigt erstens, welchen Bedarf an Unterstützung junge Menschen in komplexen Problemlagen haben. Zweitens lässt sich erkennen, dass Fachpersonen diesen Bedarf ähnlich einschätzen und dass sie sich mehr Spielräume für deren Begleitung wünschen. Und drittens wird deutlich, auch das komplexe Unterstützungssystem im Übergang in die Erwerbsarbeit hat „Mehrfachproblematiken“. Diese tragen mit dazu bei, „dass nicht möglich ist, was nötig wäre“. Die Ergebnisse bieten Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung auf unterschiedlichen Ebenen im System. Diese werden im Referat ausgeführt und dienen als Denkrahmen, um Chancen und Herausforderungen für Angebote der beruflichen und sozialen Integration zu diskutieren.

Referat 2: Agile Organisationsstrukturen und die Begleitung von jungen Menschen mit Mehrfachbelastungen
Melanie Germann, FHNW Soziale Arbeit.
Rasche Veränderungen in der Umwelt, neue soziale Problemstellungen, Mehrfachbelastungen und oft knappe Ressourcen führen dazu, dass Organisationen im Sozialbereich sich auf die Suche machen nach passenden Strukturen, die den Umgang mit dieser zunehmenden Komplexität unterstützen. Agile Organisationsstrukturen sind eine Antwort darauf. Jedoch wird unter diesem Begriff Unterschiedliches verstanden und verschiedene Aspekte werden subsumiert. In diesem Beitrag wird davon ausgegangen, dass mit agilen Organisationsstrukturen Gestaltungsprinzipen gemeint sind, die die konsequente Nutzer:innen-Orientierung, Selbstführung, Anpassungsfähigkeit und Ressourcen- und Stärkenorientierung sowie die Ausrichtung am evolutionären Sinn des Auftrags ins Zentrum stellen. Aus Studien wissen wir, dass diese Gestaltungsprinzipen den Umgang mit Diversität und Komplexität unterstützen und Empowerment auf der Mitarbeiter:innen- und Klient:innen-Ebene ermöglichen. Im Referat werden diese Zusammenhänge dargestellt und aufgezeigt, inwiefern die Organisationsstrukturen eine entscheidende Einflussgrösse für die Ausgestaltung der Begleitung von jungen Menschen mit Mehrfachbelastungen darstellen. Schliesslich sollen am Ende des Beitrages auch ganz konkrete Fragen bei der Umsetzung und Entwicklung dieser Organisationsstrukturen zur Diskussion gestellt werden.

Referat 3: In-Beziehung-Treten: Professionelle Beziehungsgestaltung durch den Aufbau von professioneller Nähe?!
Dr. phil Rebecca Mörgen, HSLU Soziale Arbeit
Es gilt als unstrittig, dass die Gestaltung der Beziehung innerhalb der Sozialen Arbeit zwischen Adressat:innen und Professionellen eine relevante Komponente für Arbeitsbeziehungen ist. Strittig ist jedoch, wodurch sich eine professionelle Beziehungsgestaltung auszeichnet und vor allem wie diese Beziehungen gestaltet werden (können). Insbesondere die Balance zwischen Nähe und Distanz in der Beziehungsgestaltung wird als eine grosse Herausforderung beschrieben, wobei eher zu grosse Nähe als zu grosse Distanz als Gefahr diskutiert wird. Wie lässt sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit etablieren und gestalten? Wie viel Distanz ist sinnvoll und wo braucht es (mehr) Nähe? Welche Elemente können für eine gelingende professionelle Beziehungsgestaltung formuliert werden? Der Beitrag geht diesen Überlegungen und Fragen nach.


Workshops

Workshop 1: Wie können mehr bedarfsorientierte Angebote geschaffen werden?
Im Sinne einer Denkwerkstatt bietet der Workshop die Gelegenheit, an konkreten Angebotsformaten für junge Erwachsen mit komplexen Problemlagen weiterzudenken. Die Ergebnisse der Studie zu „Mehrfachproblematiken“ zeigen, hier braucht es Entwicklungen Richtung bedarfsorientierte, möglichst niederschwellige, ambulante Unterstützung. Ausgehend von den Ergebnissen und von Good Practice Erfahrungen werden Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung gemeinsam ausgelotet. Diese Möglichkeiten sind abhängig von der Vernetzung und Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Stellen im System. Im Workshop bietet sich eine gute Gelegenheit diese Optionen aus unterschiedlichen Perspektiven der fallführenden und Auftrag gebenden Stellen und der Fachpersonen aus Angeboten zu beleuchten und sich gegenseitig inspirieren zu lassen.

Workshop 2: Soziale Arbeit ist Beziehungsarbeit.
Der Aufbau einer tragfähigen Beziehung zu jungen Menschen mit Mehrfachbelastungen erfordert ein hohes Maß an Vertrauen und Einfühlungsvermögen und damit auch ein gewisses Maß an emotionaler Nähe. Dies bestätigt die Fachliteratur. Damit dies gelingen kann, sind verschiedene Voraussetzungen nötig. Gemeinsam wollen wir uns über den Begriff der nahen Beziehungsgestaltung austauschen sowie die dazu notwendigen Voraussetzungen diskutieren. Welche persönlichen Verständnisse der nahen Beziehungsgestaltung sind vorhanden? Was sind die Chancen und Herausforderungen, um gelingende Prozesse zu begleiten?
Das Ziel des Workshops ist, durch den Austausch und die Reflexion Anregungen zu geben, um über die eigene Position zu Nähe und Distanz nachzudenken und das persönliche und fachliche Verständnis von professioneller Nähe zu schärfen.

Workshop 3: Als Betrieb mit jungen Erwachsenen agil unterwegs sein.
Qualifutura diskutiert im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Fachpersonen der Sozialen Arbeit aus sozialen Organisationen und Behörden über den agilen Ansatz. Ist Agilität eine Voraussetzung für eine zeitgemässe Begleitung von jungen Menschen in der ambulant aufsuchenden Arbeit? Welche Potentiale und Risiken bringen agile Arbeitsweisen bei der Begleitung junger Erwachsener für die Adressat:innen sowie die Fachpersonen mit sich?

Workshop 4: Flexibilität als Erfolgsfaktor in der klientenorientierten Arbeit
Eine hohe Klientenorientierung in der Begleitung junger Erwachsener erfordert einen flexibel gestalteten und unbürokratischen Prozess, welcher begründete Abweichungen zulässt und den Fachpersonen individuelle Handlungsspielräume einräumt. Andererseits gilt es klare Strukturen zu bieten, die dazu dienen Standards und gesetzliche Vorgaben einzuhalten und nicht zuletzt auch die Fachpersonen im Arbeitsalltag entlasten und Orientierung bieten. Wie findet man diese Balance, zwischen Struktur und Flexibilität? Was sind harte Grenzen und wo darf man «methodische Narrenfreiheit» zulassen bzw. lohnt es sich, diese zu fördern? In einer inszenierten Begegnung zwischen wissenschaftlicher Perspektive und gelebtem Alltag treffen sich Theorie und Praxis zum Dialog und gehen dieser Fragestellung nach.

Workshop 5: Beziehungsgestaltung – Betroffene als Expert:innen
Beziehungen zwischen Adressat:innen und Sozialarbeiter:innen enden im professionellen Rahmen in der Regel mit Abbruch. Unabhängig davon, ob sich die Situation positiv oder negativ entwickelt. Trotzdem bildet die Beziehung das Fundament einer Begleitung und ist in Ausbildung und Praxis ein vieldiskutiertes Thema. Fachpersonen der Sozialen Arbeit reflektieren unter dem Aspekt der Professionalität verschiedenste Beziehungsaspekte, die für den Unterstützungsprozess förderlich oder hinderlich sein könnten. Was wird aber eigentlich von direkt Betroffenen als unterstützend empfunden? Welche menschliche Kritik gibt es an der professionellen Beziehungsgestaltung und wieso sollte sich eine Per-son trotz Abbruchgarantie überhaupt auf eine Beziehung einlassen?
Beantwortet werden diese Fragen durch zwei Expertinnen, die Erfahrung darin haben, Beziehungen mit Fachpersonen der Sozialen Arbeit ausgesetzt zu sein.


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